Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

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Carsten1972
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Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

Beitrag von Carsten1972 »

Hallo,

ich plane momentan die Ausleuchtung eines Einfamilienhauses mit "individuellem Grundriss" (besoffener Architekt :D ).
Je ein AP pro Etage reicht faktisch aus, dieser müsste mit der vollen erlaubten Leistung senden.
Der Bauherr ist allerdings skeptisch bezüglich der Unschädlichkeit von Radiowellen. Das muss ich akzeptieren, eine Diskussion darüber ist weder mit ihm noch hier sinnvoll.
Er ist aber soweit vernünftig, dass er "Strahlen" nicht grundsätzlich ablehnt, sondern auf das notwendige Minimum reduzieren möchte.
Ich möchte daher im OG zwei, im (größeren) EG drei APs einsetzen und die Sendeleistung stark reduzieren.
Aber wie machen es die Clients?
Senden die immer mit voller Stärke? Auch im Sinne der Akkuschonung wäre ja eine Reduzierung sinnvoll, wenn ein AP sehr nahe ist.

Weiß da jemand näheres zu so einm Verfahren? Denn wenn die Clients den vermeintlich schwachen AP sehen und dann ihrerseits (völlig unnötig, wel ich ja nur die Sendeleistung reduziert habe - nicht aber die Empfangsempfindlichkeit) auf volle Leistung gehen, wäre das ja ziemlich kontraproduktiv.

Zusatzfrage:
Unter Verlust der MIMO-Vorteile könnte man ja einen AP nehmen und ein paar Metern Aircell7-Kabel je ein Single-Antenne setzen.
Ist das eine Spar-Option oder eine total blöde Idee, weil das WLAN Modul dann auf jedem Antennenanschluss vollkommen verschiedene Signale bekäme oder (...?)?
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Bernie137
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Re: Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

Beitrag von Bernie137 »

Hallo,
Der Bauherr ist allerdings skeptisch bezüglich der Unschädlichkeit von Radiowellen.
Ich frage mich immer, wie solche Menschen der UKW-, TV- und insbesondere Handymaststrahlung ausweichen.

Gruß Bernie
Man lernt nie aus.
GrandDixence
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Registriert: 19 Aug 2014, 22:41

Re: Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

Beitrag von GrandDixence »

Wichtiger als die maximale Sendeleistung ist die dynamische Leistungsregelung:

WLAN Access Points und WLAN Clients kennen keine dynamische Leistungsregelung. Mobiltelefone verfügen über eine dynamische Leistungsregelung:

- Ein Mobiltelefon im UMTS/3G-Mobilfunknetz regelt 1000x pro Sekunde die Sendeleistung (sehr gut) nach.
- Ein Mobiltelefon im GSM/2G-Mobilfunknetz regelt 2x pro Sekunde die Sendeleistung (mehr schlecht als recht) nach.
- Ein normaler WLAN Client sendet immer mit der maximalen zulässigen Sendeleistung.
- Ein normaler WLAN Access Point sendet immer mit der per statischen Leistungsregelung (TPC) definierten maximalen zulässigen Sendeleistung.

Auch wenn der WLAN Client ein Meter neben dem WLAN Access Point steht und über Sichtverbindung zum WLAN Access Point verfügt, wird (sinnlos) mit voller Sendeleistung (bis 200 mW) gesendet. Ein Mobiltelefon dagegen regelt im UMTS/3G-Netz die Sendeleistung auf das notwendige Minimum zurück. Besteht Sichtverbindung und eine kurze Distanz zwischen Mobiltelefon und UMTS-Mobilfunkantenne, sendet das Mobiltelefon dank der dynamischen Leistungsregelung nur mit einer Sendeleistung von < 2 mW. Ist der Mobilfunkempfang sehr schlecht, da die Mobilfunkantenne-Dichte ungenügend ist (z.B. Mobilfunkantennen-Moratorium einer Gemeinde, oder fehlende Inhaus-Mobilfunkantenne), muss das Mobiltelefon die Sendeleistung bis zur maximal zulässigen Sendeleistung erhöhen (UMTS: 250 mW). Siehe auch:

http://www.bag.admin.ch/themen/strahlun ... ml?lang=de

Findet kein Datenverkehr statt, sendet ein WLAN Access Point alle 100 Millisekunden, pro SSID während 0.5 Millisekunden ein Signal aus (den Bacon => hier ist Basisstation <xy>). Je mehr SSID ein WLAN Access Point ausstrahlt, desto grösser wird die dauernde mittlere Strahlungsleistung des WLAN Access Point im Leerlauf (kein Datenverkehr):

1 SSID: 0.5 mW (bei einem 100 mW WLAN Access Point)
2 SSID: 1.0 mW (bei einem 100 mW WLAN Access Point)
3 SSID: 1.5 mW (bei einem 100 mW WLAN Access Point)

Gegen diese dauernde Strahlung hilft nur das gezielte Ausschalten des WLAN Access Points (z.B. mit Zeitschaltuhr). Findet Datenverkehr statt, so erhöht sich die Sendeleistung um das Datenvolumen entsprechend auf bis zu 70 mW. Siehe auch:

http://www.bag.admin.ch/themen/strahlun ... ml?lang=de

Die dauernde Strahlung des WLAN Access Point im Leerlauf (kein Datenverkehr) kann durch die statische Leistungsregelung (TPC) reduziert werden. Eine statische Leistungsreduktion auf die halbe Sendeleistung (50 mW bei einem 100 mW WLAN Access Point) senkt die dauernde mittlere Strahlungsleistung des WLAN Access Point im Leerlauf (kein Datenverkehr) wie folgt:

1 SSID: 0.25 mW
2 SSID: 0.50 mW
3 SSID: 0.75 mW

Ein gut ausgebautes WLAN-Netz (genügend WLAN Access Points im Gebäude) verringert die Sendedauer und senkt die elektromagnetische Strahlung. In einem schlecht ausgebauten WLAN-Netz (zuwenige WLAN Access Points im Gebäude) müssen die WLAN-Teilnehmer für die gleiche Datenmenge länger senden, was zu einer höheren elektromagnetischen Strahlungsbelastung führt. Wird mit der statischen Leistungsregelung (TPC) die Sendeleistung zu stark reduziert, entsteht der gleiche Effekt (unnötig zu hohe Strahlungsbelastung) wie bei einem schlecht ausgebauten WLAN-Netz!

Der Standard 802.11h sieht die Möglichkeit der Rückmeldung der empfangenen WLAN-Signalstärke vor, was eine dynamische Sendeleistungsregelung auch im WLAN-Netz ermöglichen würde:

http://home.eng.iastate.edu/~daji/papers/itpro2006.pdf

Jedoch bezweifle ich schwer, dass heute (Stand: 2016) auf dem freien Markt ein WLAN Access Point und ein WLAN Client inklusive Betriebsystem erhältlich ist, welches die dynamische Sendeleistungsregelung für WLAN-Netze unterstützt. Anbei ein Screenshot einer Netzwerkaufzeichnung, welche den für die dynamische Sendeleistungsregelung erforderlichen Signalstärke-Rapport (TPC Report) gemäss 802.11h aufzeigt.
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Zuletzt geändert von GrandDixence am 18 Sep 2016, 22:48, insgesamt 10-mal geändert.
GrandDixence
Beiträge: 1058
Registriert: 19 Aug 2014, 22:41

Re: Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

Beitrag von GrandDixence »

Hier noch der Screenshot, wo ein WLAN-Teilnehmer vom WLAN-Kommunikations-Partner, den Rapport über die empfange Signalstärke anfordert (TPC Request).
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Carsten1972
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Re: Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

Beitrag von Carsten1972 »

Bernie137 hat geschrieben:Hallo,
Ich frage mich immer, wie solche Menschen der UKW-, TV- und insbesondere Handymaststrahlung ausweichen.
Ach, der Mann ist doch noch harmlos.
Es ist natürlich schon ein Unterschied, ob da ein 20W Sender in 2km Entfernung steht oder ein 100mW Sender 5m neben dir.
Der Wunsch, auf ein nowendiges Maß zu reduzieren, ist doch gut.
Alleine schon aus Funkhygiene.
Wieviele Fritzboxen stehen auf 100% Leistung, müssen aber nur eine 2-Zimmer-Wohnung abdecken?
Carsten1972
Beiträge: 195
Registriert: 04 Jul 2016, 19:37
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Re: Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

Beitrag von Carsten1972 »

Hallo GrandDixence,

ich bedanke mich sehr für diese umfassende Antwort.
Ich hoffe, du hattest diesen Text schon irgendwo vorliegen und musstest ihn nicht extra für mich erstellen!

Das beschriebene Verfahren ist doch intelligent - weil es den AP nach der Empfangsstärke fragt und nicht aus der Signalstärke (RX) auf die notwendige TX-Leistung schließt.

Bei den Akku-Problemen der Samrtphones wundert mich, dass so ein bestehender Standard nicht weiter verbreitet ist.
Koppelfeld
Beiträge: 967
Registriert: 20 Nov 2013, 09:17

Re: Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

Beitrag von Koppelfeld »

Guten Abend zusammen,
Carsten1972 hat geschrieben: ich bedanke mich sehr für diese umfassende Antwort.
Ich hoffe, du hattest diesen Text schon irgendwo vorliegen und musstest ihn nicht extra für mich erstellen!
Das möchte ich zum Anlaß nehmen und mich ebenfalls für den informativen Beitrag bedanken!

Freilich kommt immer hinzu:
Die Feldstärke nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab.

Auch ein deutlich "reduzierter" AP "strahlt" in einem Meter Entfernung deutlich stärker, als wenn er unter Vollast in zehn Metern Entfernung unter einer hohen Decke angebracht wird.

Weiterhin zu beachten:
Bemessungsgrundlage ist die "TRUE RMS" - Wirkleistung des AP integriert über die Zeitachse. Die Ökofreaks, wenigstens diejenigen, die lesen können, möchten gerne als Metrik für "Elektrosensibilität" die Peak-Leistung heranziehen, welche um ein Mehrfaches höher sein kann.
Mit solchen Dingen wie dB, dBm etc. ist es wie im Selbstbedienungsladen. Da kennt sich jeder mit aus.
Entsprechend "gefährlich" ist die Diskussion.
booker
Beiträge: 100
Registriert: 01 Aug 2005, 16:05

Re: Grundsatzfragen zur WLAN Sendeleistung - CLIENT-seitig

Beitrag von booker »

Hallo,

aus gegebenem Anlass.
Koppelfeld hat geschrieben: Mit solchen Dingen wie dB, dBm etc. ist es wie im Selbstbedienungsladen. Da kennt sich jeder mit aus.
Entsprechend "gefährlich" ist die Diskussion.
Koppelfeld hat geschrieben: Die Feldstärke nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab.
FALSCH!

Die Feldstärke (und zwar sowohl die elektrische als auch die magnetische) nehmen linear mit der Entfernung ab!
Korrekt ist: Die Leistungsdichte nimmt quadratisch mit der Entfernung ab.

Gruß
booker
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