Einige "ungewöhnliche" LANCOMs...

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alf29
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Einige "ungewöhnliche" LANCOMs...

Beitrag von alf29 »

Moin,

draußen regnet es, der DLT rödelt so vor sich hin und
ansonsten liegt auch nix wichtiges an, also Zeit, mal
wieder aus dem 'Nähkästchen' zu plaudern - heute über
LANCOMs, die eigentlich keine normalen LANCOMs sind. Nunja,
sie nennen sich schon zu recht 'LANCOM', aber aus dem einen
oder anderen Grund fallen sie aus dem Rahmen, wie man
LANCOMs so kennt. Alle stammen noch aus der ELSA-Zeit,
also vor Frühjahr 2002. Häufig trifft man sie nicht mehr
an, aber gelegentlich tauchen sie noch bei EBay auf - man
sollte nur wissen, auf was man da möglicherweise bietet...

Microlink LANCOM / LANCOM MPR

Diese Geräte kann man von der Zeitskala her als Vorgänger
der ersten LANCOM Office (1000/2000) betrachten,
insbesondere die Variante mit dem verschraubten Gehäuse und
dem ISDN-Teil als Einschub ist das erste LANCOM überhaupt.
Entstanden ist dieses LANCOM 1 aus einem
ISDN-Terminaladapter, bei dem die linke Platine durch eine
mit einem zweiten Prozessor ersetzt wurde, auf dem der
Router/Bridge-Code läuft. Sowohl die ISDN- als auch die
Router-Seite laufen mit einem NEC V53 als Prozessor, was
eine Art 'getuneter' 80186 ist - also eine 16-Bit-CPU, im
Gegensatz zu den heutzutage in LANCOMs eingesetzten
32-Bit-CPUs. Beide CPUs arbeiten ihre jeweils eigene
Firmware ab (die noch in EPROMs steckt), über den
Steckverbinder läuft nur eine serielle Schnittstelle sowie
die Stromversorgung für den ISDN-Teil. Auf diese Weise war
es auch möglich, den ISDN-Teil gegen einen Modem-Einschub
auszutauschen - der war aber nur 14400 Bit/s langsam, so
daß man damit nur einen recht unattraktiven Analog-Router
bekam...

Ein evolutionärer Schritt dazu war das LANCOM 2, daß in dem
Strangguß-Gehäuse daherkommt, wie man es von den 4000er-
und 6000er-LANCOMs her kennt. Gegenüber dem LANCOM 2 sind
(neben dem anderen Gehäuse) folgende Änderungen markant:

- kein Zwei-Platinen-Design mehr, beide Teile sind auf
einer Platine vereint (die durch den Metallsteg im
Gehäuse und die daraus resultierende Sollbruchstelle
etwas empfindlich ist..) und die Firmwaren sind in einem
gemeinsamen Flash-ROM abgelegt. Der Prozessor des
Router-Teils lädt beim Start die ISDN-Firmware ins RAM
des zweiten V53.

- eine Outband-Schnittstelle, um das Gerät seriell
konfigurieren zu können

- eine weitere serielle Aux-Schnittstelle, an der sich
ein weiterer Terminaladapter oder ein analoges Modem
betreiben läßt.

Insbesondere die Möglichkeit, es als Analog-Router zu nutzen,
hat dafür gesorgt, daß das LANCOM 2 bei einigen Leuten noch
einige Jahre seine Dienste als Analogrouter verrichtet hat
- bei den neueren LANCOMs hat es ja einige Zeit gedauert,
bis sie ein Modem an der Outband-Schnittstelle ansteuern
konnten...

Vom LANCOM 2 hat es eine Reihe von Hardware-Revisionen
gegben. Ältere Revisionen verwenden Linearregler in der
Stromversorgung, was das Gerät im Betrieb recht warm werden
läßt. Insbesondere der LAN-Controller konnte das im Sommer
schon einmal übel nehmen. Daraus resultierte die
Empfehlung des Supports, das Gerät hochkant zu betreiben,
so daß die Wärme in die "ISDN-Hälfte" stieg...gelöst wurde
das Problem mit der Wärmeentwicklung erst in der letzen
Revision (H), die einen Schaltregler für die
Stromversorgung verwendet.

Die 16-Bit-CPUs in diesen Geräten sind sowohl in ihrer
Rechen- als auch Speicherkapazität vergleichsweise
eingeschränkt, weshalb die Firmware-Pflege für diese Geräte
kurz nach der Einführung der ersten LANCOM Office
eingestellt wurde. Die letzte Firmware für das LANCOM 1
war die 1.40, und der Speicher ist so eingeschränkt, daß
man sich zwischen einer IP- und einer IPX-Firmware
entscheiden mußte - beide Router paßten nicht gleichzeitig
ins EPROM. Das LANCOM 2 hatte dafür genug Speicher, so daß
es sich mit der Bezeichnung "MPR" (Multi-Protokoll-Router)
schmücken durfte. Die letzte Firmware für dieses Gerät ist
eine 2.34 - bei diesem Gerät muß man sich über das
Firmware-Image entscheiden, ob man eine deutsche oder
englische CLI haben möchte.

Wer übrigens ein LANCOM 2/MPR mit einer sehr alten Firmware
auf den aktuellen Stand bringen will, sollte die
Zwischenschritte in den Release-Notes beachten, ein
direkter Sprung von einer 1.0 auf eine 2.34 führt zu einem
Gerät, das nicht mehr starten will!!

Die CLI dieser Geräte dürfte demjenigen, der die LCOS-CLI
kennt, bekannt vorkommen, es sind nur viel weniger Punkte
vorhanden und einige Punkte sind an anderen Stellen im
Menübaum, als sie es heute sind. So gibt es z.B. noch
nicht einmal einen DHCP-Server...die Versionszählung ist
übrigens eine andere als bei allen neueren LANCOMs, eine
Firmware 2.3x ist als nicht mit dem Funktionsumfang einer
entsprechenden LCOS-Version für ein LANCOM 1000 zu
vergleichen!

An der einen oder anderen Stelle bekommen diese Geräte noch
ihr Gnadenbrot als ISDN-Router. Das LC-Display sieht
immerhin ganz nett aus und wer noch 'Yellow Cable' liegen
hat, kann hier seinen AUI-Transceiver direkt anschließen...

LANCOM DSL/25

Eigentlich ist dieses Gerät ein ganz normales LANCOM, das
mit einem LCOS betrieben wurde, wie alle anderen LANCOMs zu
dieser Zeit auch. Ich habe es aber in diese Liste
aufgenommen, weil die Gerätebezeichnung in der
Vergangenheit öfters zu Fehlkäufen geführt hat.

Als die Telekom ihr ADSL-Angebot startete, sollte der
Netzwerkanschluß dem Kunden in zwei verschiedenen
Ausführungen angeboten werden:

- Ein Modem mit Ethernet-Anschluß und PPPoE, wofür damals
bei ELSA das LANCOM DSL/10 das erste Gerät war. Diese
Variante war für Privatkunden gedacht.

- Ein Modem mit 25,6 MBit-ATM-Anschluß für Geschäftskunden.
ATM ist die Netzwerktechnik, die originär über ADSL
gefahren wird, und es ist auch die Technik, die bis heute
in weiten Teilen des Telekom-Backbones eingesetzt wird.
ATM ist im Gegensatz zu Ethernet zellenbasiert und
erlaubt genaue Zuteilungen von Bandbreiten, so daß man
dem Kunden damals sowohl Daten- als auch Telefoniedienste
über die ATM-Schnittstelle anbieten wollte.

Wer noch eines der sechseckigen ADSL-Modems der ersten bis
zweiten Generation hat (die, die die Telekom irgendwann den
Nutzern übereignet hat...), wird sich vielleicht gefragt
haben, wofür die ATM-Buchse daran gut ist - genau für
diesen Einsatzfall. Leider war der ATM-Variante aber kein
großer Erfolg beschieden, auch die Firmenkunden entschieden
sich zum großen Teil für Ethernet und die ATM-Variante
geriet in Vergessenheit - und mit ihr das DSL/25. Nach
meinen Erfahrungen funktioniert die ATM-Buchse an den
genannten ADSL-Modems übrigens nicht, also auch damit läßt
ein DSL/25 sich nicht nutzen. Richtig in Stückzahlen wurde
es nie produziert, es ging an ein paar Projektkunden und
die letzte Firmware war eine 1.60.

Für die Leute, die sich mit so einem Gerät 'verkauft'
hatten, gab es eine Zeit lang inoffiziell eine sogenannte
'DSLoL-Firmware'. Diese enthält das DSLoL, wie man es auch
bei einigen aktuellen LANCOMs kennt, so daß man das
ADSL-Modem mit an den Switch des LANs hängen kann - die
ATM-Buchse bleibt ungenutzt.

LANCOM ADSL

Dies ist ein Gerät, das es eigentlich nie bis zum Endkunden
hätte schaffen sollen, aber manche Dinge nehmen ja
bisweilen seltsame Wege...

Das LANCOM ADSL war das erste LANCOM, das ein integriertes
ADSL-Modem enthielt. Gebaut wurde es in dem gleichen
'großen' Strangguß-Gehäuse, wie man es von der
4000er/6000er-Serie kennt (der ADSL-Chipsatz nahm damals
noch einiges an Platz ein...), lediglich ohne das
LC-Display. Auf der Router-Seite wurde der gleiche Hitachi
SH3 mit Fast-Ethernet-Interface eingesetzt wie bei anderen
Geräten aus dieser Zeit. Das Gerät wurde seinerzeit nicht
in der LANCOM-, sondern in der Forschungsabteilung von ELSA
als Produktstudie entwickelt, funktionierte aber dann so
gut, daß versucht wurde, daraus ein Serienprodukt zu
machen.

Leider zeigte sich dabei, daß das Design des Gerätes einige
Mängel enthielt, die eine Nutzung als Serienprodukt nahezu
unmöglich machten. Zum einen war die Platine ohne jegliche
Rücksicht auf EMV entwickelt worden, d.h. die
Störstrahlungen waren jenseits aller erlaubten Grenzen und
auch nicht mit Abschirmmaßnahmen in den Griff zu bekommen.
Zum anderen erzeugte der recht alte TI-ADSL-Chipsatz enorme
Mengen an Abwärme, die das Gerät im Betrieb viel zu heiß
werden ließen - intern hatte es deshalb recht schnell den
Spitznamen 'Heizplatte' bekommen. Bei einem Testkunden
soll ein Gerät sogar einmal regelrecht 'abgebrannt' sein...

Aufgrund dieser Probleme wurde dann entschieden, daß von
dem Gerät nur je etwa 100 Stück produziert wurden (jeweils
Annex A bzw. B). Diese sollten Projektkunden zur Verfügung
gestellt werden und bei Interesse an so einem Gerät sollte
dann ein neues Design gemacht werden (woraus das LANCOM
821/1621 hervorging).

Wer so ein Gerät bei Ebay findet, sollte einen großen Bogen
darum machen, es sei denn ihm fehlt so etwas noch in der
Sammlung ;-) Auf Firmware-Updates darf man sich keinerlei
Hoffnungen machen und der TI-ADSL-Chipsatz ist nicht
UR2-kompatibel - man bekommt einen ADSL-Connect nur dann,
wenn man von der Telekom zufällig an einen entsprechend
alten TI-DSLAM gehängt wird, der diese veraltete
ADSL-Variante noch kennt...

LANCOM 1630 SDSL

Hier haben wir ein Gerät, das außer dem Namen wirklich
nichts mit anderen LANCOMs gemeinsam hat, denn es läuft
noch nicht einmal ein LCOS darauf. Das Gerät basiert auf
einem Referenzdesign von Virata (später geschluckt von
Globespan, die dann wieder von Conexant geschluckt
wurden...) und auch die darauf laufende Firmware basiert
auf der Referenz-Software von Virata. Damals war
die Idee, daß sich auf diese Weise viel leichter ein
SDSL-Gerät bauen lassen sollte. Das erwies sich jedoch als
Trugschluß: Man bekam zwar sehr schnell einen SDSL-Router,
der aber im Funktionsumfang und in der Bedienung fast nichts mit
einem LANCOM gemeinsam hatte. Viele Monate wurde versucht,
auf die Virata-Software eine LCOS-artige CLI und
Web-Oberfläche aufzusetzen, aber das 1630 blieb immer ein
ungeliebtes Kind der LANCOM-Entwicklung. Die
1630-Entwicklung war nämlich ähnlich wie beim LANCOM ADSL
nicht von der LANCOM-Entwicklerkerntruppe gemacht worden,
sondern eher in der Forschungabteilung angesiedelt. Wäre
das Gerät von den LANCOM-Entwicklern betreut worden, wäre
vermutlich anstatt der Virata-Software LCOS auf dieses
Gerät portiert worden und es hätte vermutlich zumindest bis
zur 3.5x Firmware-Updates für das Gerät gegeben.
Irgendwann setzte auch die ELSA-Pleite im Frühjahr 2002
dieser Entwicklung ein Ende. Es sind danach zwar noch ein
paar Geräte an Kunden verkauft worden, die ein SDSL-Gerät
brauchten, aber LANCOM hatte aus der Konkursmasse von ELSA
die Nutzungsrechte an der Virata-Software nicht mitgekauft,
so daß auch keine Firmware-Updates mehr erstellt werden
konnten - sie hätten sich auch wirtschaftlich genausowenig
gelohnt wie eine LCOS-Portierung auf diese Hardware,
einfach weil SDSL keine große Verbreitung erringen konnte.
Es gab seinerzeit in Deutschland nur zwei SDSL-Anbieter
(QSC und Streamgate), und beide hatten sich schon lange
entschieden, von welchem Hersteller sie Endgeräte für ihre
Kunden beziehen wollten. Das hat sich bis heute nicht
wesentlich geändert, SDSL ist eine Sache für wenige
Firmenkunden geblieben. Wer dort ein LANCOM nutzt, tut es
heute mit dem vom Provider gelieferten Modem...
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